Als die Bahn dem Automobil die Show stehlen wollte. (Tagesanzeiger-Artikel vom 31.08.2017)

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Als die Bahn dem Automobil die Show stehlen wollte

Es gibt Marken, die jedermann kennt – auch wenn das beworbene Produkt längst nicht für jedermann erreichbar ist. Dazu gehörte einst der Trans Europ Express, kurz TEE, ein Luxuszug, von dem die meisten Bahnkunden nur träumen konnten. Mit einem Netz von internationalen Zügen, die besonders schnell und komfortabel waren, wollten sich sieben europäische Bahngesellschaften nach dem zweiten Weltkrieg eine Marktnische sichern, die bedroht war. Denn die Eisenbahn galt als altväterisch, wer etwas auf sich hielt, nahm das Auto oder das Flugzeug. Der Autobestand in der Schweiz stieg von 1950 bis 1970 von 147000 auf 1,38 Millionen. Am 1. Mai 1952 begannen die Fluggesellschaften mit der Einführung der Touristenklasse, plötzlich war das zuvor den Eliten vorbehaltene Flugzeug ein Konkurrent der Bahn. Die Grundidee des TEE, von der später abgewichen wurde, war ein kurzer Zug, der nur erste Klasse führte, ohne Halt an den Landesgrenzen verkehrte und besonderen Komfort bot, sogar eine Klimaanlage. 157 fuhren die ersten solchen Züge, nun musste das neue Angebot dem Publikum erklärt werden. Prominente Werbemittel waren Plakate. Daniel Häni, wie viele Eisenbahnfreunde ein Bewunderer des TEE, hat diese Plakate gesammelt, mit denen die Bahnen für den Zug warben. In einem Buch stellt er Beispiele aus sechs Ländern vor. Die Sammlung ist ein Querschnitt durch die Plakatkunst der Nachkriegszeit, dargestellt in einem einzigen Produkt. Die Werber sprachen die Kundschaft auf verschiedenen Ebenen an, auch die Grafiker setzten auf Vielfalt und Stile. Ein begehrtes Zielpublikum waren Geschäftsleute, denen die kurzen Reisezeitenvorgerechnet wurden. In Ländern in denen noch Dampf- und Dieselbetrieb üblich war, wurde der fortschrittliche elektrische Antrieb hervorgehoben, was heute ziemlich vorgestrig wirkt. Auch das Design der Züge wurde angepriesen, kraftprotzend die Diesellokomotiven, zeitlos elegant die elektrischen Kompositionen der SBB. Das TEE Konzept hatte ein kurzes Leben, die Staatsbahnen konzentrierten sich bald auf den Inlandsverkehr, die internationalen Schnellzüge und der Nachtverkehr wurden vernachlässigt. Heute wird versucht, das verlorene Terrain zurück zu gewinnen. Eine Marke wie TEE gibt es nicht mehr. Das Buch ist eine schöne Erinnerung.

Walter Jäggi

Daniel Häni: Trans Europ Express Plakatkunst.

Rottenverlag, Visp 2017.

204 S, ca 79 Fr.